This Must Be the Place Frankreich, Irland, Italien, USA 2011 – 119min.

Filmkritik

Wo ist das Haus meines Feindes?

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Ein bizarres Roadmovie: Im ersten englischsprachigen Film des Italieners Paolo Sorrentino (Il dico) macht sich ein alternder Rocker (Sean Penn) auf die Suche nach dem KZ-Wächter seines Vaters.

Ein reicher Rockstar (Sean Penn) im Ruhestand langweilt sich. Doch nach dem Tod seines Vaters, den er seit 30 Jahren nicht mehr gesehen hat, weiss er, was er in seinem Leben noch machen will: Er macht sich auf die Suche nach dem KZ-Wärter, der seinen Vater in Auschwitz gepeinigt hatte. Der Nazi-Scherge hatte sich in den Wirren der Nachkriegszeit in die USA abgesetzt.

Sean Penn, der den italienischen Regisseur Paolo Sorrentino (Il divo) im Jahre 2008 in Cannes kennen lernte, ist als Sänger Cheyenne eine extrem bizarre Figur. Mit dem schwarzen Eyeliner und dem roten Lippenstift meint man am Anfang, einen Transvestiten vor sich zu haben. Doch Penn spielt seinen Alt-Rocker als einen ewigen Jungen, irgendwo zischen Michael Jackson und Peter Pan. Das hat viel Charme, wenn auch einen eher merkwürdigen, und ist in seiner Skurrilität so einnehmend gestaltet, dass man sofort fasziniert ist.

Der Racheplot tritt im Verlauf des Films immer mehr in den Hintergrund. Vielmehr ist This Must Be the Place das verspätete Coming-of-Age eines Mitt-Fünfzigers, der sich anschickt, sich selbst und die Welt um ihn herum kennen zu lernen. Sorrentino inszeniert sein englischsprachiges Filmdebüt als einen fieberhaften Traum, als einen Blick auf Amerika, der von außen kommt und deshalb prägnanter aufzeigen kann, wie Land und Leute sind. Es sind die kleinen Momente, die den Film auszeichnen. Etwa die Szene, in der sich Cheyenne von einem Waffenhändler erklären lässt, was die Faszination einer Handfeuerwaffe ausmacht: Es ist das Töten-Können aus Distanz, die Möglichkeit ein Lleben auszulöschen, ohne dem Opfer zu nahe kommen, ohne zu viel dabei empfinden zu müssen.

In solchen Momenten schlägt der Film wieder den Bogen zu seiner eigentlichen Story, zur Jagd auf den Nazi-Mörder, der auch getötet hat, ohne emotional davon betroffen zu sein. Doch je länger der Film läuft, desto zerfahrener wird er. Sorrentino erschafft mit seinen Bilderwelten Parallelen, die ein flaues Gefühl im Magen zurücklassen, weil sie in ihrer Aussage ungreifbar bleiben. Am Ende geht es irgendwie um alles und nichts, je nach persönlichem Gusto.

07.06.2021

3

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Kommentare

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1234jopy

vor 9 Jahren

Penn ist klasse!


shimao

vor 12 Jahren

Volle Punktzahl für einen berührenden, verwandlungsfähigen Sean Penn und einen exzessiv inszenierenden Sorrentino. So seltsam der Film auch ist, schafft er es, durch all die vielen Momente zu überzeugen, in denen Cheyenne Typen trifft, die ihm vielleicht nicht äusserlich gleichen, aber so fühlen wie er. Und gerade durch den schrägen Humor und den leicht melodramatischen Beigeschmack hebt sich «This must be the place» stark vom Mainstreamkino ab. Man muss jedoch kein Arthouse-Fanatiker sein, um den Film zu mögen. Nur ein wenig Kind sein und sich faszinieren lassen reicht.Mehr anzeigen


palomino777

vor 12 Jahren

Phantastisch gespielter Film, dies obwohl ich nicht eigentlich immer gespannt war. Aber die schrägen Charaktere die immer wieder ins Bild marschieren sind echt sehenswert. Ein eher ruhiger Film mit vielen absurden Wendungen und Situationen. Sean Penn wowww! Phantastisch gespielt! Aber habe nicht wirklich alles kapiert, auch mein Kinopartner nicht. Der Schluss mit der Frau im Fenster bleibt ein Mystery für mich.... aber sehr sehenswert für Freunde des skurrilen und ruhigen Films.Mehr anzeigen


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