Grenzenlos Frankreich, USA 2017 – 112min.

Filmkritik

Liebe, die keine Welten rettet

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Submergence: Wim Wenders hat J. M. Ledgards gleichnamigen Roman verfilmt. Eine in Gefühlsdingen heftige Romanze, die als Thriller aufgezogen seltsam ins Leere führt.

Der britische Geheimdienstler James More und die schwedische Biomathematikerin Danielle Flinders haben kaum etwas gemein. Doch J. M. Ledgard, seines Zeichens ein erfahrener Kriegskorrespondent, hängte an der Begegnung der beiden die Handlung seines ersten Romans auf und feierte damit keine schlechten Erfolge.

Gleiches versucht Wim Wenders nun in dessen Verfilmung und schickt die beiden eines Morgens an einem Strand in der Normandie einander über den Weg: More joggt, Finders schlendert, man grüsst, tauscht schäkernd einige Belanglosigkeiten, verabredet sich auf den Lunch. Spontan locker wirkt das, obwohl beide sich auf ihre nächsten Einsätze vorbereiten: More will in Somalia Dschihadisten das Handwerk legen, Flinders in der Nähe von Island Bodenproben aus dem Ozean holen und beweisen, dass Leben ohne Fotosynthese möglich ist. Wenige Tage nur haben sie gemeinsam, verlieben sich, beschliessen schliesslich, es miteinander zu versuchen. Stimmungsvoll-intensiv ist dieser Beginn einer Liebe; Alica Vikander und James McAvoy ergeben ein schönes Paar und entwickeln im gemeinsamen Spiel faszinierend prickelnde Chemie.

Dies, obwohl Wenders in Momenten, in denen man als Zuschauer längst einen Kuss, eine Berührung erwartet, sie noch und nochmals weiterreden lässt. Über Politik, Ethik, Moral; brennende Themen, flüchtig gestreift: Schwatzhaft scheint das. Doch Kommunikation, das Miteinander-Reden, ist bei Wenders immer der Nährboden für auch ins Intime führende Begegnungen, und das kommt meist nicht schlecht. In Submergence aber wird der Kommunikationsfluss unverhofft unterbrochen. Denn selbstverständlich hat More Flinders seinen Auftrag verheimlicht und in Somalia – in Gefangenschaft geraten – keine Möglichkeit mehr, sie zu erreichen.

Derweil er sich in seiner Not – Wenders zeigt das Geschehen in Somalia zwar nur splitterhaft, doch was More widerfährt ist erschreckend brutal – in traumhafte Erinnerungen flieht, fällt Flinders während ihrem Tiefseetauchgang in die Abgründe einer erklärungslos ungewiss gewordenen Liebe. Das wäre Stoff für eine riesige Liebesgeschichte, den Wenders leider verschenkt. Weil ihm, diesem grossen Meister des meist spektakulär schön fotografierten Beziehungskinos, der Spagat zwischen Romanze und Thriller, der Dreisatz zwischen physischer Attraktion, seelischer Nähe und beruflich ins Extreme führender Leidenschaft, den es zu stemmen gäbe, nicht gelingt.



02.08.2018

3

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Kommentare

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Patrick

vor 6 Jahren

Eindrückliches Lovestory und Spionage Movie,das mit gutem Darsteller-Cast und imposanten Bildern daher kommt.Für das Filmende sollte man sich Taschentücher bereithalten,den das Ende wird nach dem Filmende noch ein paar Tage nachhallen.Der Film wird sehr ruhig und gemächlich erzählt,verfügt aber auch über ein paar leichte Brutale-Film~Szenen.Mehr anzeigen


Deg89

vor 6 Jahren

Trotz der aufgedrängten Lovestory schafft es Grenzenlos mit tiefgründigen Existenzfragen seiner Handlung Substanz zu verleihen. Die parallel laufenden Geschichtsstränge könnten besser zusammen treffen, erzählen sich aber individuell ganz schlüssig. Besonders der glaubwürdig inszenierte Nahost-Konflikt überzeugt.Mehr anzeigen


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