Madame Hyde Belgien, Frankreich 2018 – 95min.
Filmkritik
Die Geschichte einer Frau, die in Flammen aufgeht
Der französische Spielfilm Madame Hyde spielt zum grossen Teil im Klassenzimmer. Feindselige Schüler und eine überforderte Lehrerin – Szenen, die unweigerlich an Laurent Cantets Entre les Murs (2008) erinnern. Auch in Madame Hyde geht es um Rassismus und die Banlieue. Doch gehört der Film keineswegs zum klassischen Polit-Didaktik-Kino. Bevor Missstände und Systemkritik näher thematisiert werden können, nimmt das Absurde Überhand.
Im Film geht es um Madame Géquil, Physiklehrerin an einem Gymnasium in Lyon. Blass, zerbrechlich, mit verheulten Augen und zittriger Stimme – eine kümmerliche Gestalt. Géquil erscheint geradezu winzig, wenn sie vor ihren Schülern steht und sie vergebens darum bittet, zuzuhören. Obwohl sie seit Jahren unterrichtet, wird sie von ihren Kollegen entweder belächelt oder bemitleidet. Bei einem Experiment in ihrem Labor – es befindet sich seltsamerweise in einem Container auf dem Schulhof – trifft sie der Blitz. Wortwörtlich. Die neu gewonnene Energie weckt in ihr eine neue Persona zum Leben: Madame Hyde. Im Klassenzimmer steht plötzlich eine Frau mit Autorität. In der Nacht verwandelt sie sich in eine glühende Feuerhexe. Die Special Effects sind dabei erfrischend unspektakulär.
Serge Bozon (Tip Top, La France) hat sich an Robert Louis Stevensons Novelle «Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde» inspiriert. Das wird spätestens dann klar, wenn man den Namen der Hauptfigur mit dem Titel des Films kombiniert. Die Rolle des Wissenschaftlers Jerkyll wurde bereits von vielen interpretiert: Von Anthony Perkins (The Edge of Sanity) über Jerry Lewis (The Nutty Professor) bis Russel Crowe im letztjährigen Kino-Flop, Die Mumie.
Die Stärke des Films ist, dass er sich an keine Regeln, keine Erwartungen und kein Genre hält. Madame Hyde ist Komödie, Tragödie, Märchen und Theaterstück in drei Akten – und irgendwie doch gar nichts von alledem. Auch die Hauptfigur wird weder zur Heldin noch zum Monster gemacht. Den Plot und die Zusammenhänge in Madame Hyde darf man nicht hinterfragen. Vielmehr muss man sich der Absurdität und dem skurrilen Humor des Films völlig hingeben. Isabelle Huppert kann man einmal mehr mit dem Adjektiv beschreiben, mit dem Kritiker sie gängig etikettieren: phänomenal!
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Kommentare
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: das einzige was an diesem Film interessant ist, ist die sprachliche Annäherung an den Titel von R.L. Stephenson ‘Dr. Jekyll & Mr. Hyde‘, der seit den 30er Jahren über die Leinwände flimmert.
Inhaltlich hat diese Madame Hyde hier aber mit der Stephenson Verfilmung soviel zu tun wie Apfel mit Apfelsine.
Selbst als groteske Farce weiß man nicht, ob es die hundertste Adaption zum Thema Schule sein soll: Schüler-Lehrer Problematik, wobei am Ende aus Bengeln Engel werden oder eine sozialkritische Auseinandersetzung, mit dem Thema: bildungsferne oder wie hier behinderte Schüler haben es doppelt so schwer?
Wenn man sich nicht entscheiden kann, lass doch mal die Fantasy ran. Die Physiklehrerin Madame Géquil (Aussprache ähnelt Jekyll) ist der Witz der Schule: keiner mag sie, alle verarschen sie und sie leidet darunter. Bis sie der Blitz trifft. Jetzt läuft sie als buchstäblich ‘strahlende Erscheinung‘ durch die Gegend (nur wenn‘s passt!). Sie berührt manchen und bringt ihm den Tod oder schwere Verbrennungen, bricht mehrmals zusammen und schwadroniert ewig lange über Phänomene der Physik. Sie bekommt einen Orden!? Wird verhaftet…etc. Trotz der kunterbunten Folge wird es zusehends langatmiger und zäh. Das Ende ist eine Lobrede auf Madame. Auf dem Film oder seinen Regisseur Serge Bozon kann es ja wohl kaum so etwas geben. Er hat alles zusammengetragen, was ihm zum Thema Schule so einfiel: Kollegen und Direktoren-Schelte, Referendar in ihrer Ausbildung, der noch schlimmer dran ist als Madame, Lehrproben etc.
Mein Nachbar hätte gesagt: Sinnfreie Verarsche der Zuschauer. Ein Film, den die Welt nicht braucht.… Mehr anzeigen
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