Navalny USA 2022 – 98min.

Filmkritik

Nawalny – bis zum bitteren Ende

Filmkritik: Walter Rohrbach

Auf den Spuren des bekanntesten Oppositionellen Putins. Der Dokumentarfilm des jungen kanadischen Regisseurs, der Nawalny nach der Giftattacke fünf Monate lang begleitete, ist ein packender Politthriller: Wie sich Nawalny hartnäckig und mit aller Kraft gegen die wiederholten russischen Angriffe und Demütigungen stemmt ist mehr als eindrücklich und absolut sehenswert.

Die strahlend blauen Augen schauen überzeugt in die Kamera. Alexey Nawalny, der wohl als der schärfste politische Gegner von Präsident Putin in Russland gilt, erzählt mit viel Charisma und sogar einigem Humor die dramatischen Geschehnisse der letzten Wochen. Spätestens seit dem Giftanschlag vom August 2020 und den Szenen, die sich nachfolgend auf dem Flug von Tomsk (Sibirien) nach Moskau abspielten, hat Nawalny grosse Bekanntheit erlangt: Die Handyaufnahmen seiner qualvollen und verzweifelnden Schreie gingen um die Welt. Nach seinem Zusammenbruch und der Notlandung in Omsk (Russland), musste Nawalny künstlich beatmet und ins Koma versetzt werden. Er kämpft in den kommenden Stunden und Tagen nicht nur um sein Leben, sondern auch damit ausgeflogen zu werden, um eine gesicherte medizinische Behandlung zu erhalten. Später wird man feststellen, dass er mit dem russischen Nervenkampfstoff Nowitschok ermordet werden sollte.

Der aus Toronto stammende junge Dokumentarfilmer Daniel Roher hatte das Glück und die Möglichkeit Nawalny, seine Familie und sein Team nach der Giftattacke über mehrere Monate zu begleiten. Roher wurde bereits für die Dokumentation «Once Were Brothers» über «The Band» (die Band hiess tatsächlich so) mehrfach ausgezeichnet. Und auch «Nawalny» ist gut gestartet und hat bereits den Publikumspreis vom «Sundance Film Festival» in Empfang nehmen können. Dies absolut zurecht, die Schilderungen und Ereignisse, welche aufgezeigt werden sind packend und erschütternd zugleich – manchmal so ungeheuerlich, dass man sich in einem fiktionalen Politthriller wähnt. Daniel Roher hatte scheinbar einen guten Zugang zu Nawalny und seinem Umfeld. Jedenfalls konnte er die Protagonistinnen und Protagonisten hautnah begleiten: Die persönlichen Aufnahmen, kombiniert mit Archivaufnahmen und Nachrichteneinspielern, Interviews mit Nawalnys Famile und weiteren Weggefährten geben einen eindrücklichen Einblick über die fatalen Auswirkungen Oppositionspolitiker in Russland zu sein. Besonders fesselnd sind die Sequenzen mit Christo Grosew vom investigativen Recherchenetzwerk Bellingcat, mit dessen Hilfe der Tathergang akribisch recherchiert werden konnte – und auf der sie auf einige grosse Überraschungen treffen werden.

Gerade in der momentanen Situation, in der Putin und Russland tagtäglich auf den hiesigen Titelseiten zu finden sind und nunmehr versucht wird tief in Putins Seele zu schauen, um sein Vorgehen und Handlungsmuster zu ergründen, könnte der Film nicht aktueller sein. Die Dokumentation ist eine aufschlussreiche Quelle, die Einsicht über den undemokratischen Umgang des Regimes in Russland gegenüber Andersdenkenden gewährt und ein erschütterndes Zeitdokument zugleich. Besonders intensiv aber sind die intimeren Szenen von Nawalny mit seiner Familie und seinem Entschluss wieder zurück in die Heimat Russland zu reisen – wieder die grosse Gefahr folgenreicher Konsequenzen. Auch wenn Daniel Roher ganz nah dran ist, bleibt Nawalny allerdings irgendwie ungreifbar und man hat hier und da das Gefühl, dass er ein mit allen Wassern gewaschener Medienprofi ist, der sich sehr gut verkaufen kann. Nichtsdestotrotz ist die 98-minütige Dokumentation ein absolut gelungener und packender Politthriller erster Güteklasse, eines eindrücklich mutigen Mannes mit scheinbar unendlichem Willen gegen alle Widerstände. Übrigens wurde Nawalny gerade im März in einem erneuten Prozess zu weiteren neun Jahren Haft verurteilt.

25.04.2022

4.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Endlich Putins Krankheit diagnostiziert:
Hat nur einen Sprachfehler.
Bringt das Wort Navalny nicht über die Lippen.
Und kann die Wahrheit nicht sagen.

Filmenthusiast

vor einem Jahr

Wenns nur so wär


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