Filmkritik
Drei Tage Dallas
Die Fakten des Attentats an John F. Kennedy sind bekannt. Parkland widmet sich den unmittelbar involvierten Personen: dem Arzt, dem Filmer der Ereignisse, den Vertretern der staatlichen Autoritäten.
Dr. Jim Carrico (Zac Efron) will es mit beiden Händen zurückpressen, das Leben. Der mächtigste Mann der Welt liegt auf seinem Operationstisch. Um Carrico und John F. Kennedy herum stehen Ärzte, Krankenschwestern, Leute vom Secret Service, auch Jackie Kennedy. Vor wenigen Minuten hat man JFK mit Blumen auf dem Leib hineingerollt. In wenigen Minuten wird man ihn im Sarg hinaustragen.
Das Spital in Dallas, in dem John F. Kennedy an seinen Schusswunden stirbt, heisst Parkland. So nennt Peter Landesman auch seinen Film, der die drei Tage vom 22. bis 25. November 1963 kaleidoskopisch aufarbeitet. Im Mittelpunkt steht dabei neben dem Krankenhauspersonal auch ein tief bestürzter Abraham Zapruder (Paul Giamatti), der mit seiner Super-8-Kamera eine der grössten Tragödien der Staatsgeschichte aufgenommen hat. FBI-Agent James Hosty (Ron Livingston) muss sich gegenüber seinem Boss rechtfertigen, wieso er die Drohungen des mutmasslichen Mörders Lee Harvey Oswald in den Wind schlug - selbst dann, als der Tage vor dem Attentat in seinem Büro auftauchte. Derweil versucht der Bruder des Verdächtigen, Robert (James Badge Dale), bei der wirren Mutter und seinem schweigsamen Bruder Antworten zu finden. Später wird Lee Harvey Oswald angeschossen. Und landet auf dem Operationstisch, bei Dr. Carrico, im Parkland.
Parkland ist in seiner episodenhaften Erzählweise der Bruder im Geiste von Bobby. Landesman inszenierte seinen Film diametral; bei Emilio Estevez' Werk, das die Gäste des Hotels portraitiert, in dem Robert Kennedy 1968 erschossen wird, passiert die Tat ganz am Ende. Landesman nimmt dagegen die Konsequenzen als Ansatz – die puren Emotionen, das Funktionieren nach der Tragödie. Männer - es geht nur um sie - weinen, schweigen, fluchen, schreien, ein Secret Service Agent raunt einmal: "Was für ein Scheissort, um zu sterben." Man gibt ihm recht.
Die Erschütterung geht gewiss nahe. Die schiere Ohnmacht, die selbst die Personen der staatlichen Autoritäten befällt, ist spürbar. Die Bilder sind verwackelt, schnell montiert, immer wieder werden Originalaufnahmen eingewoben. Doch geht dem Film über seine gesamte Länge gleichwohl jegliche Spannung ab, sind doch die Fakten bekannt. So etwa ist der Kampf um das Leben von John F. Kennedy nichts weiter als Schattenboxerei. Wieso also dem zusehen müssen? Die Erkenntnis kommt am Ende der Sequenz: Als alle im Raum schweigend auf den toten Kennedy schauen, ist das der erste Moment, der diesen Film rechtfertigt.
Später werden es nur noch solche Momente sein, an die man sich klammert. Die fehlende Tiefenschärfe, sie rächt sich: Bobby sagte mit seiner feineren Charakterzeichnung viel mehr über die Relation des Staatsbürgers zum hohen Politiker aus. Die Hoffnung, Träume, Wünsche, auch Abneigungen, waren da greifbar. Leider gewährt uns Landesman hier aber nur den Einblick in einen einzigen Kopf. Nämlich in den von John F. Kennedy.
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